Psychotrauma und Neurodegeneration

Forschungsgruppe der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine mit hohem Leidensdruck einhergehende und häufig zu sozialem Rückzug und Arbeitsunfähigkeit führende psychische Erkrankung, die nach traumatischen Erlebnissen wie (sexueller) Gewalt, schweren Unfällen, Naturkatastrophen oder emotionaler Vernachlässigung in der Kindheit auftreten kann. Die Hauptsymptome der PTBS sind Nachhallererinnerungen (Flashbacks) bis hin zu Dissoziation, Vermeidung Trauma-assoziierter Erinnerungsreize, nervöse Übererregbarkeit und ein Gefühl der Gefühllosigkeit. Expositions-basierte Psychotherapieverfahren zeigen eine gute Wirksamkeit gegen dieses Syndrom, die entsprechenden Behandlungsplätze sind jedoch knapp und die Behandlungsdauer lang. Antidepressiva vom SSRI-Typ sind in der PTBS-Behandlung ebenfalls wirksam, allerdings nicht bei allen Betroffenen und zudem führen sie in vielen Fällen nicht zu einer Vollremission der Beschwerden.

Somit ist eine Optimierung der Behandlungsmöglichkeiten für die PTBS dringend erforderlich. Die Identifikation molekularer Zielstrukturen für neuartige Medikamente (sogenannte drug targets) ist daher eines der Hauptziele der PTBS-Forschung, ein weiteres die Identifikation von Biomarkern, die bei der Auswahl des individuell geeignetsten Therapieverfahrens, der differentialdiagnostischen Einordnung und der Prävention dieser schweren Erkrankung helfen könnten.

Im Vergleich zu diesen beiden Themen, die Ulrike Schmidt bis Ende 2017 mit ihrer ehemaligen Forschungsgruppe am MPI für Psychiatrie in München bearbeitet hat, wird an den molekularen Grundlagen der teils erheblich beeinträchtigenden Langzeitfolgen der PTBS, wozu u.a. kardiovaskuläre und metabolische (Raue et al., 2019) Veränderungen aber auch vorzeitige oder krankhaft beschleunigte neurodegenerative Prozesse (Agís‐Balboa et al., 2017) gehören können, bislang nur selten geforscht.

Übergeordnete Ziele

Aus diesem Grund hat sich unsere Forschungsgruppe zum Ziel gesetzt, im Kontext des, auf die Erforschung neurodegenerativer Erkrankungen ausgerichteten, Gesamtforschungskonzepts unserer Klinik, die bislang nur bruchstückhaft bekannten molekularen Mechanismen der Stress-vermittelten Modulation neurodegenerativer Prozesse und Erkrankungen durch translationale Verknüpfung klinischer und molekularbiologischer sowie biochemischer Experimentalmethoden aufzuklären.

Auswahl aktueller Projekte

UMG-UKB-PTSD cohort project

Aufbau einer longitudinalen PTBS-Kohorte (Kollaborations-Kohorte der beiden Forschungsgruppen und Trauma-Ambulanzen (UMG-Trauma-Ambulanz in Göttingen) von Ulrike Schmidt an den Klinken für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitäten Göttingen und Bonn) – an der UMG sollen vor allem Neurodegenerations-assoziierte Marker analysiert werden.

Metabolische Langzeitfolgen der PTBS und Interaktion mit neurodegenerativen Prozessen

Projekt von Stefan Raue

Beginnend mit einem Review, in dem wir kürzlich die bisherige Literatur zu diesem Thema zusammengefasst haben (Raue et al., 2019), hat dieses Projekt zum Ziel, die Konsequenzen von Stress (und seiner Maximalform, dem Trauma) sowie von Stressfolgeerkrankungen auf das metabolische System auf molekularer Ebene zu identifizieren.

Trier Social Stress Test (TSST) PTSD project

Die vormalige Münchner Forschungsgruppe von Ulrike Schmidt hat in TSST-Experimenten Stressreaktivitäts-Endophänotypen der PTBS identifiziert (Zaba et al., 2015), die vermutlich mit der Pathogenese oder Krankheitsaufrechterhaltung bestimmter Symptome des PTBS-Syndroms zusammenhängen. Gemeinsam mit der Forschungsgruppe von Prof. Dirk Wedekind untersuchen wir aktuell, ob sportliche Aktivität (die bekanntermaßen neuroplastische Prozesse moduliert) die Stressreaktivität von PTBS-Patienten/innen beeinflussen kann. In einem zweiten Schritt möchten wir den Zusammenhang zwischen Stressreaktivität und Neurodegenrationsmarkers analysieren.

Referenzen

Raue, S., Wedekind, D., Wiltfang, J., Schmidt, U., 2019. The Role of Proopiomelanocortin and α-Melanocyte-Stimulating Hormone in the Metabolic Syndrome in Psychiatric Disorders: A Narrative Mini-Review. Front. Psychiatry 10. https://doi.org/10.3389/fpsyt.2019.00834

Zaba, M., Kirmeier, T., Ionescu, I.A., Wollweber, B., Buell, D.R., Gall-Kleebach, D.J., Schubert, C.F., Novak, B., Huber, C., Köhler, K., Holsboer, F., Pütz, B., Müller-Myhsok, B., Höhne, N., Uhr, M., Ising, M., Herrmann, L., Schmidt, U., 2015. Identification and characterization of HPA-axis reactivity endophenotypes in a cohort of female PTSD patients. Psychoneuroendocrinology 55, 102–115. https://doi.org/10.1016/j.psyneuen.2015.02.005

Kollaborationen

Intern:

  • Prof. Dr. D. Wedekind (TSST-Studie)
  • Priv.-Doz. Dr. D. Zilles (EKT-Biomarker-Projekt)


Extern (Highthroughput Array-Analysen):

  • Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Bonn
  • Psychotraumazentrum des Bundeswehrkrankenhauses Berlin
  • Psychiatry Division of Maastricht University, The Netherlands

Mitarbeiter*innen

Psychologin

Dr. Mirjana Ruhleder (Dipl.-Psych.)

Dr. Mirjana Ruhleder (Dipl.-Psych.)

Kontaktinformationen

    • Psychologische Psychotherapeutin, VT
    • Supervisorin (IFT)
    • Zertifizierte Traumapsychotherapeutin (DeGPT)

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