Translationale Neuroproteomik

W2-Professur

Ein Biomarker ist laut Definition der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA ein in Körperflüssigkeiten oder Gewebeproben messbares biologisches Molekül, das normale Prozesse des Körpers und deren krankhafte Veränderungen nachweisen kann. Der überwiegende Teil der klinisch genutzten Biomarker entfällt dabei bisher auf Krebs- und Herz/Kreislauf-Erkrankungen, während die markerbasierte Bewertung psychiatrischer Erkrankungen noch ein relativ neues Feld ist – auch weil Biomarker bevorzugt im Blut gemessen werden, die krankhafte Veränderung aber im Gehirn stattfindet.

Die Zielstrukturen unserer Biomarker-Forschung sind Eiweißmoleküle, die wir mit Hilfe moderner, Massenspektrometrie-basierter Verfahren (der sogenannten Proteomik) systematisch im Blut oder in der Cerebrospinalflüssigkeit identifizieren und quantifizieren können. Nach dem Prinzip „Von Maus zu Mensch“ bauen wir dafür auf unsere Expertise in der proteomischen Phänotypisierung neuropsychiatrisch relevanter Mausmodelle auf.

Mit diesen Ansätzen wollen wir nicht nur die Möglichkeiten der Diagnose und Prognose psychiatrischer Erkrankungen verbessern, sondern auch Einblicke in die molekularen Vorgänge erhalten, die diesen krankhaften Veränderungen zugrunde liegen.

Übergeordnete Ziele

Für eine erfolgreiche molekulare Biomarker-Forschung im Allgemeinen und für die Identifizierung aussagekräftiger Proteinsignaturen im Speziellen, ist die Qualität des zu untersuchenden Probenmaterials mindestens genauso entscheidend wie das eingesetzte analytische Verfahren. In enger Zusammenarbeit mit den verantwortlichen ärztlichen Kolleg*innen der Klinik wollen wir daher verstärkt die wachsende abteilungsinterne Biomaterialbank für zukünftige Proteomstudien im Rahmen von Forschungsfragestellungen zu unterschiedlichen psychiatrischen Krankheitsbildern nutzen.

Ein weiteres Einsatzgebiet der Massenspektrometrie im Forschungsfeld der Neurodegeneration ist die molekulare Charakterisierung von Beta-Amyloid-Peptiden, die bei der Entstehung der Alzheimer-Demenz eine Rolle spielen. Neben den chemisch oder post-translational modifizierten Spezies interessieren wir uns dabei insbesondere für N-terminal verlängerte oder verkürzte Beta-Amyloid-Peptide. Die relativen Konzentrationsveränderungen einiger dieser Varianten sind kürzlich in Form von Peptid-Quotienten als aussichtsreiche Biomarker-Kandidaten für die Diagnostik der Alzheimer-Demenz beschrieben worden und wir vermuten daher im spezifischen Nachweis bestimmter Peptidspezies weiteres Potential in dieser Richtung. Da die Immunpräzipitation von Beta-Amyloid-Peptiden ein Schlüsselschritt in der Probenvorbereitung für diese Experimente ist, beschäftigen wir uns auch mit der Entwicklung und Charakterisierung von Antikörpern, die spezifische Peptidmerkmale erkennen können.

Auswahl aktueller Projekte und Zusammenarbeit

  • Weiterentwicklung unserer Technologieplattform zur proteomischen Phänotypisierung von Mausmodellen hin zu Anwendungen auf Patientenmaterial
  • Charakterisierung von N-terminal verlängerten Aβ(-3-x) und verkürzten Aβ(4-x)/Aβ(5-x) Beta-Amyloid-Peptiden: Identität, Vorkommen und Entstehungsmechanismen (mit Dr. Hans Klafki und Prof. Dr. Oliver Wirths, UMG Psychiatrie)
  • Kartierung der Erkennungssequenzen von Antikörpern mit Spezifität für Beta-Amyloid-Peptide (mit Dr. Hans Michael Maric, Rudolf-Virchow-Zentrum Würzburg)

Ausgewählte Publikationen

  • Chatterjee, M.; Özdemir, S.; Kunadt, M.; Koel-Simmelink, M.; Boiten, W.; Piepkorn, L.; Pham, T.V.; Chiasserini, D.; Piersma, S.R.; Knol, J.C.; Möbius, W.; Mollenhauer, B.; van der Flier, W.M.; Jimenez, C.R.; Teunissen, C.E.; *Jahn, O.; Schneider, A. C1q is increased in cerebrospinal fluid-derived extracellular vesicles in Alzheimer’s disease: A multi-cohort proteomics and immuno-assay validation study. Alzheimer’s & Dementia 2023; 19:4828-484013066 (*co-senior author)
  • Liepold, T.; Klafki, H.W.; Kumar, S.; Walter, J.; Wirths, O.; Wiltfang, J.; Jahn, O. Matrix development for the detection of phosphorylated Amyloid-β peptides by MALDI-TOF-MS. Journal of the American Society for Mass Spectrometry 2023; 34:505-512
  • Klafki, H.W.; Wirths, O.; Mollenhauer, B.; Liepold, T.; Rieper, P.; Esselmann, H.; Vogelgsang, J.; Wiltfang, J.; Jahn, O. Detection and quantification of Aβ−3–40 (APP669-711) in cerebrospinal fluid. Journal of Neurochemistry 2022; 160:578-589

Kontakt

W2-Professur

Prof. Dr. Olaf Jahn

Prof. Dr. Olaf Jahn

Kontaktinformationen

  • Publikationen (Pubmed)

    Externe Zuordnung:

    • Leiter der Arbeitsgruppe Neuroproteomik am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften

Mathematisch-technische Assistenz / Programmierung

Lars Piepkorn

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