Translationale Psychotherapieforschung

Forschungsgruppe der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie

Unsere FG „Translationale Psychotherapieforschung“ beschäftigt sich mit der Erstellung und Etablierung neuer Werkzeuge und Interventionen in der Psychotherapie psychischer Störungen.

Unser Hauptziel ist dabei die Unterstützung der Therapie affektiver Störungen. Wir kooperieren hierzu mit Partner*innen aus Wissenschaft und Industrie, u.a. in einem Projekt zur Konstruktion eines interaktiven Wearables, das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird.

Übergeordnete Ziele

Im Fokus unserer FG steht die Entwicklung innovativer Techniken und Methoden zur Behandlung psychischer Störungen auf der Basis aktueller Erkenntnisse der kognitiven Neurowissenschaften und der Psychotherapieforschung. Das Wissen über funktionelle Systeme des Gehirns und der Effekte therapeutischer Interventionen definiert Ziele für den spezifischen Einsatz therapeutischer Techniken und informationstechnischer Hilfsmittel (EHealth). Unsere Forschung fokussiert sich dabei insbesondere auf die Mensch-Technik-Interaktion jenseits „klassischer“ webseitenbasierter Angebote der Onlinetherapie. Die Forschungsfrage ist hierbei, wie sich mobile IT-basierte Systeme als Therapieelemente gezielt nutzen lassen.

Ein Beispiel ist die Erstellung eines therapeutischen Assistenzsystems zur gezielten Unterbrechung pathologischer kognitiver Prozesse bei depressiven Patienten. Weitere Projekte sind die Effekte der Nutzung von Messengersytemen in der ambulanten Pflege von depressiven Patient*innen. Im Rahmen der Präventions- und Resilienzforschung evaluieren wir ein online-basiertes Training zur Verbesserung der Paarkommunikation.

Online-Therapiesysteme sind in Deutschland deutlich weniger verbreitet als in anderen europäischen Ländern, was auf eine höhere Skepsis bzw. eine geringere Nutzenerwartung schließen lässt. Die zweite Forschungsfrage ist daher, welche Einstellungen und Wünsche potentieller NutzerInnen und BehandlerInnen gegenüber IT-basierten Therapieassistenzsystemen existieren.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist die Implementierung und die Beschreibung der Effekte angewandter Improvisation als ressourcenorientiertes Element der Psychotherapie und der Organisationsentwicklung in der Psychiatrie.

Auswahl aktueller Projekte

Messenger-basierte Interaktion bei Paaren - Interpersonelles Funktionsniveau und Psychische Störungen

In diesem Forschungsvorhaben wird eine Erhebung interpersoneller Beziehungsmuster von Paarbeziehungen im Alltag angestrebt. Hierbei sollen vor allem der Zusammenhang zwischen Exaktheit der Einschätzung von Emotionen (Empathic Accuracy; Sened et al., 2017), interpersonellen Motiven (Horowitz et al., 2006) und Indikatoren der Beziehungsqualität bei gesunden und psychisch belasteten Paaren untersucht werden. Dabei wird die Exaktheit der Einschätzung interpersonellen Verhaltens in Bezug auf die situative Motivlage als alternative Konzeptualisierung des interpersonellen Funktionsniveaus eingeführt. Zudem soll explorativ untersucht werden, ob durch eine regelmäßige Einschätzung eine Verbesserung des gegenseitigen antizipatorischen Verständnisses im Sinne der Empathic Accuracy (EA) sowie der Einschätzungsfähigkeit interpersoneller Motive stattfindet. Als Erhebungsinstrument wird eine zu diesem Zweck entwickelte Smartphone Messenger Applikation (App) gleichzeitig als EMA- (Ecological Momentary Assessment; Stone, Shiffman, & DeVries, 1999) und Kommunikationstool eingesetzt.

Angewandte Improvisation in der Psychiatrie (AIP)

Die Aktivierung positiver Ressourcen liefert pragmatische Strategien, die den Patient*innen dazu verhelfen, sich ihrer Stärken bewusst zu werden, um diese für die Problembearbeitung nutzen zu können (Flückiger & Wüsten, 2015). Eine Interventionsmethode aus dem Bereich der Positiven Psychologie, die gezielt Ressourcen von Patient*innen aktivieren soll, ist die aus dem Improvisationstheater entstandene Improvisationstherapie (Improtherapie) oder Angewandte Improvisation. Sheesley, Pfeffer, und Barish (2016) konnten in einer der ersten Studien durch den Einsatz von Improvisationstechniken bei sozialer Ängstlichkeit eine Veränderung in den Bereichen Gruppenzusammenhalt, Verspieltheit, Humor und Expressivität zeigen. Das Ziel der geplanten Studie liegt in der Evaluation der Ergänzung der stationären Therapie depressiver Patient*innen durch improvisationsbasierte Gruppen.

MITMed: Multimodales Interaktionssystem für die Telemedizin

MITMed: Multimodales Interaktionssystem für die Telemedizin - Ergänzung der videobasierten Psychotherapie durch ein tragbares und integriertes IS (BMBF gefördertes Projekt, wissenschaftliche Koordination des Forschungskonsortiums mit Industriebeteiligung)

Die weltweite Covid-19-Pandemie hat sich erheblich auf die psychische Gesundheit in unserer Gesellschaft ausgewirkt. Nicht nur hat sich der Zustand der psychischen Gesundheit aufgrund der sozialen Isolation verschlechtert, sondern auch die Bereitstellung angemessener Gesundheitsdienste ist zu einer Herausforderung geworden. Insbesondere im psychotherapeutischen Kontext hat sich die Überwindung von Problemen im Zusammenhang mit der emotionalen Distanz und der therapeutischen Beziehung als schwierig erwiesen, wenn die Interaktion zwischen Patienten und Therapeuten allein auf video- oder textbasierten Systemen beruht. Um diese Herausforderungen zu bewältigen, will MITMed ein hybrides Interaktionssystem entwickeln, das die videobasierte Psychotherapie in Situationen ergänzt, in denen ein persönlicher Kontakt nicht möglich ist. Das System wird taktile Hinweise mit Hilfe eines innovativen Wearables integrieren und so den intuitiven Austausch von Informationen über individuelle Zustände während der Videotherapie ermöglichen. Darüber hinaus wird im Rahmen des Projekts die Konnektivität des Systems mit einer etablierten E-Health-Plattform für psychische Gesundheit sowie mit einem Krankenhausinformationssystem sichergestellt.

Wissenschaftliche Kollaborationen

  • digital worx GmbH (Stuttgart)
  • if(is) Institut für Internet-Sicherheit (Gelsenkirchen)
  • LEHNER GmbH Sensor-Systems (Kirchheim unter Teck)
  • Telepaxx Medical Archiving GmbH (Büchenbach)
  • MIS (Universitätsklinikum Heidelberg)
  • Katja Mombaur (Universität Heidelberg)
  • emka MEDICAL GmbH (Aschaffenburg)
  • Lars Penke (Universität Göttingen)
  • York Hagmayer (Universität Göttingen)
  • Christiane Schwieren (Universität Heidelberg)
  • Henrik Walter (Charité, Berlin)
  • Elisabeth Schramm (Universitätsklinikum Freiburg)
  • Klaus Fiedler (Universität Heidelberg)
  • Katja Mombauer (Waterloo Robohub, University of Waterloo, Kanada)
  • Regan Mandryk (Department of Computer Science, University of Saskatchewan, Kanada)
  • Lutz Kolbe (Institut für Wirtschaftsinformatik, Universität Göttingen)
  • Minddistrict (Berlin)
  • Stefan Scherbaum (Methoden der Psychologie und kognitive Modellierung, Technische Universität Dresden)

Doktorand*innen (Psychologie/Medizin)

  • M. Sc. Luca Marie Schlieper
  • M. Sc. Philipp Steinebach
  • Melanie Weyerstall
  • Maren Müller 

Kontakt

Leitung

Wissenschaftlicher Mitarbeiter

Prof. Dr. Knut Schnell

Kontaktinformationen

Das könnte Sie auch interessieren

Folgen Sie uns